Die Integration von Chatbots und Avataren in die Trauerbegleitung eröffnet neue Möglichkeiten, den Abschied von Verstorbenen zu gestalten. Auf unserem Panel auf der re:publica 24 diskutierten wir die vielfältigen Ansätze, Trauernde in ihrer schweren Zeit zu unterstützen oder das Vermächtnis Verstorbener digital fortzuführen.
Panel Diskussion re:publica 24
Chatbots und Avatare können als virtuelle Trauerbegleiter eingesetzt werden, um den Prozess des Abschiednehmens und Loslassens zu unterstützen. Dabei steht die Unterstützung des Trauernden im Vordergrund. Im Gegensatz dazu stehen Gespräche mit Chatbots, die mit Textnachrichten von Verstorbenen trainiert wurden. Sie ermöglichen ein digitales Weiterleben des Verstorbenen, zu dem die Hinterbliebenen eine Beziehung aufbauen können. „Trauer ist universell, sie ist Teil von uns allen, aber der Trauerprozess ist sehr individuell“, sagt Cori Moore. Cori beschäftigt sich seit 12 Jahren mit der Perspektive von Trauernden. Sie ist Mitbegründerin von OverMyDeadBody (OMDB), einer Initiative, die sich dem Umgang mit Tod, Trauer und Verlust widmet. Cori Moore sieht das Potenzial vor allem in einem Hybrid, bei dem ich mit einem Menschen spreche, der auch KI-powered ist.
Können Gespräche mit Chatbots, die mit Textnachrichten von Verstorbenen trainiert wurden, uns helfen, loszulassen, alte Wunden zu heilen oder gar Traumata zu verarbeiten? Oder vergiften virtuelle Avatare unseren natürlichen Trauerprozess?
Die Nachfrage nach digitalen und KI-gestützten Angeboten wächst stetig, auch in der Bestattungsbranche: „Informations-Chatbots auf Webseiten von Bestattern werden bereits für emotionale Themen genutzt“, beobachtet Dr. Daniel Alt. Er gründete das Institut für Innovation und Digitalisierung (IDA) und führte Chatbots in die Bestattungsbranche ein. Seine aktuellen Projekte befassen sich mit der Entwicklung von KI-gestützten Applikationen rund um die Themen Bestattung, Trauerbegleitung und Nachlassabwicklung.
Für die Entwicklung dieser virtuellen Begleiter werden verschiedene KI-Modelle verwendet:
Die selektive KI basiert auf autorisierten Inhalten des Verstorbenen, die unverändert wiedergegeben werden. Diese Methode wird beispielsweise bei der Erstellung von virtuellen Zeitzeugen eingesetzt.
Generative KI hingegen reichert die Persönlichkeit des Verstorbenen an, wodurch ein dynamischeres und interaktiveres digitales Abbild entsteht.
Bei generativer KI besteht die Gefahr unerwünschter oder falscher Aussagen des Verstorbenen. Sollte es daher eine Inhaltskontrolle geben? Wie kann diese Kontrolle aussehen und wer ist dafür verantwortlich? „Es ist schwierig, alle Sicherheitslücken zu schließen. Es wird immer ein Restrisiko geben, dass die KI falsche Aussagen macht. Die Frage ist vielmehr, ob wir es schaffen, gute Rahmenbedingungen für Trauernde zu schaffen“, sagt Matthias Meitzler, Soziologe und Doktorand an der Universität Tübingen. Er forscht seit drei Jahren zum Thema "Unsterblich als Avatar? Ethik, Recht und Sicherheit des digitalen Weiterlebens“.
Sollte die Verantwortung für die verwendeten Daten und Anwendungen klar geregelt sein? Oder sollten volljährige Anwender:innen selbstverantwortlich darüber entscheiden können, ob und wie sie sogenannte Deathbots nutzen möchten? Die Filmemacher Hans Block und Moritz Rieswick plädieren dafür, dass sich die Macher:innen von Afterlife KI mit ihrer Verantwortung auseinandersetzen. In ihrem neuen Film "Eternal You - Vom Ende der Endlichkeit“ (ab 20. Juni im Kino) besuchen sie Tech-Firmen, die mit KI-generierten Avataren eine Art Unsterblichkeit erreichen wollen. „Die Nutzer befinden sich in einer verletzlichen Situation. Hoffnung ist ausbeutbar“, kritisieren die beiden Filmemacher. Der virtuelle Klon kann als Verkaufsargument eingesetzt werden, im Sinne von: ‚Mama, schalt mich nicht ab’.
In dem Moment, in dem die Simulation abgeschaltet wird, entsteht ein zweiter Verlust. „Dafür brauchen wir Abschiedsrituale, die wir erst noch erfinden müssen“, sagt Lilli Berger, Bestatterin und Gründerin des ersten virtuellen 3D-Erinnerungsraums. Abschied und Trauer brauchen auch digitale Orte.
Gemeinsam mit 100 Besucher:innen diskutierten wir über die Rolle von KI in der Trauer. Wir erlebten eine große Offenheit für neue Formen der Trauerbegleitung. Gleichzeitig ist es wichtig, sich mit der Verantwortung der Anbieter auseinanderzusetzen und zu hinterfragen ob diese transparent und ethisch handeln. Es liegt an uns, die Anwendungen und Rituale mitzugestalten.
Stage 11, auf der re:publica 2024
Lilli Berger - aktualisiert am 30.05.2024
Die Integration von Chatbots und Avataren in die Trauerbegleitung eröffnet neue Möglichkeiten, den Abschied von Verstorbenen zu gestalten. Auf unserem Panel auf der re:publica 24 diskutierten wir die vielfältigen Ansätze, Trauernde in ihrer schweren Zeit zu unterstützen oder das Vermächtnis Verstorbener digital fortzuführen.
Panel Diskussion re:publica 24
Chatbots und Avatare können als virtuelle Trauerbegleiter eingesetzt werden, um den Prozess des Abschiednehmens und Loslassens zu unterstützen. Dabei steht die Unterstützung des Trauernden im Vordergrund. Im Gegensatz dazu stehen Gespräche mit Chatbots, die mit Textnachrichten von Verstorbenen trainiert wurden. Sie ermöglichen ein digitales Weiterleben des Verstorbenen, zu dem die Hinterbliebenen eine Beziehung aufbauen können. „Trauer ist universell, sie ist Teil von uns allen, aber der Trauerprozess ist sehr individuell“, sagt Cori Moore. Cori beschäftigt sich seit 12 Jahren mit der Perspektive von Trauernden. Sie ist Mitbegründerin von OverMyDeadBody (OMDB), einer Initiative, die sich dem Umgang mit Tod, Trauer und Verlust widmet. Cori Moore sieht das Potenzial vor allem in einem Hybrid, bei dem ich mit einem Menschen spreche, der auch KI-powered ist.
Können Gespräche mit Chatbots, die mit Textnachrichten von Verstorbenen trainiert wurden, uns helfen, loszulassen, alte Wunden zu heilen oder gar Traumata zu verarbeiten? Oder vergiften virtuelle Avatare unseren natürlichen Trauerprozess?
Die Nachfrage nach digitalen und KI-gestützten Angeboten wächst stetig, auch in der Bestattungsbranche: „Informations-Chatbots auf Webseiten von Bestattern werden bereits für emotionale Themen genutzt“, beobachtet Dr. Daniel Alt. Er gründete das Institut für Innovation und Digitalisierung (IDA) und führte Chatbots in die Bestattungsbranche ein. Seine aktuellen Projekte befassen sich mit der Entwicklung von KI-gestützten Applikationen rund um die Themen Bestattung, Trauerbegleitung und Nachlassabwicklung.
Für die Entwicklung dieser virtuellen Begleiter werden verschiedene KI-Modelle verwendet:
Die selektive KI basiert auf autorisierten Inhalten des Verstorbenen, die unverändert wiedergegeben werden. Diese Methode wird beispielsweise bei der Erstellung von virtuellen Zeitzeugen eingesetzt.
Generative KI hingegen reichert die Persönlichkeit des Verstorbenen an, wodurch ein dynamischeres und interaktiveres digitales Abbild entsteht.
Bei generativer KI besteht die Gefahr unerwünschter oder falscher Aussagen des Verstorbenen. Sollte es daher eine Inhaltskontrolle geben? Wie kann diese Kontrolle aussehen und wer ist dafür verantwortlich? „Es ist schwierig, alle Sicherheitslücken zu schließen. Es wird immer ein Restrisiko geben, dass die KI falsche Aussagen macht. Die Frage ist vielmehr, ob wir es schaffen, gute Rahmenbedingungen für Trauernde zu schaffen“, sagt Matthias Meitzler, Soziologe und Doktorand an der Universität Tübingen. Er forscht seit drei Jahren zum Thema "Unsterblich als Avatar? Ethik, Recht und Sicherheit des digitalen Weiterlebens“.
Sollte die Verantwortung für die verwendeten Daten und Anwendungen klar geregelt sein? Oder sollten volljährige Anwender:innen selbstverantwortlich darüber entscheiden können, ob und wie sie sogenannte Deathbots nutzen möchten? Die Filmemacher Hans Block und Moritz Rieswick plädieren dafür, dass sich die Macher:innen von Afterlife KI mit ihrer Verantwortung auseinandersetzen. In ihrem neuen Film "Eternal You - Vom Ende der Endlichkeit“ (ab 20. Juni im Kino) besuchen sie Tech-Firmen, die mit KI-generierten Avataren eine Art Unsterblichkeit erreichen wollen. „Die Nutzer befinden sich in einer verletzlichen Situation. Hoffnung ist ausbeutbar“, kritisieren die beiden Filmemacher. Der virtuelle Klon kann als Verkaufsargument eingesetzt werden, im Sinne von: ‚Mama, schalt mich nicht ab’.
In dem Moment, in dem die Simulation abgeschaltet wird, entsteht ein zweiter Verlust. „Dafür brauchen wir Abschiedsrituale, die wir erst noch erfinden müssen“, sagt Lilli Berger, Bestatterin und Gründerin des ersten virtuellen 3D-Erinnerungsraums. Abschied und Trauer brauchen auch digitale Orte.
Gemeinsam mit 100 Besucher:innen diskutierten wir über die Rolle von KI in der Trauer. Wir erlebten eine große Offenheit für neue Formen der Trauerbegleitung. Gleichzeitig ist es wichtig, sich mit der Verantwortung der Anbieter auseinanderzusetzen und zu hinterfragen ob diese transparent und ethisch handeln. Es liegt an uns, die Anwendungen und Rituale mitzugestalten.
Stage 11, auf der re:publica 2024
Lilli Berger - aktualisiert am 30.05.2024
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